Liebe kommt auf leisen Sohlen

Quelle aus: Die Lücke, die der Teufel läßt, S. 31ff | | Leseproben

Alle sagten: die passen gut zueinander. Sie schritten, großgewachsen und schlank, in den Speisesaal und empfingen Blicke.

Diesen Platzvorteil vor allen anderen, den Rang zu zweit, wollten sie nicht aufgeben, und so überbrückten sie die Jahre der Wechselhaftigkeiten. Hätte sie jemand in ihrer gleisnerischen Trance, von außen gelenkt, wie sie waren, Angeber ihres Glücks, gefragt, OB SIE EINANDER LIEBTEN, WAS SIE INNERLICH MITEINANDER, AUSSER GEMEINSAM GUT AUSSEHEN, VERBÄNDE, so kann es sein, daß sie abgestürzt wären in Zweifel. Sie waren kluge Kinder. Nicht einmal dachten sie nach. Das war die Gefahr in der Anfangszeit: daß sie das Wesen ihrer Verbindung vor dem Gericht des Verstandes hätten darlegen müssen. Was hätten sie vorgebracht? Es zog sie nicht stark zueinander.

In späteren Jahren, auch durch Rat verständiger Freunde, die das Paar wie ein ausgemacht schönes Möbel gerne in ihrer Umgebung wußten, lieferten sie alles nach, was nach dem Gebot der Aufrichtigkeit, Innerlichkeit, Spontaneität und Absolutheit zu einer Leidenschaft gehört. Sie antworteten gemeinsam auf äußere Gefahren, überschritten gemeinsam die Grenze in ein anderes Gesellschaftssystem (in dem sie von außen kaum noch bewundert wurden); sie sahen auf eine Technik des Umgangs zurück, die Nähe und Abstand so regulierte, wie nur sie es vermochten. Andere, die diese intime, unaussprechliche Technik des Umgangs nicht beherrschten, fielen ihnen (im Fall eines kurzen Abenteuers) rasch auf die Nerven. Das verschaffte ihrer Beziehung Dauer. Was ist der Reiz des Abenteuers gegen das eigene Haus? So stellten sie, recht spät, schon herausgeraten aus der Blüte der Jahre, unerkannt, wenn sie einen Speisesaal betraten, fest, daß sie sich ineinander verliebt hatten. Auf oberflächliche Weise. Entweder war etwas von der Außenhaut nach innen geraten, oder das Innere besteht aus solcher Haut.

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